FC Stammheim

FCS-Senioren am Gardasee Edition 2024

Tänze, Tore und Tenore

Die Anreise begann unspektakulär, energieschonend und zivilisiert – wenig deutete im tristen Morgennebel darauf hin, dass sich das am Ende eines kräftezehrenden Trainingsweekends auch auszahlen sollte. Die beiden Busse mit den Frühaufstehern starteten bereits um 5.30 Uhr in Stammheim, etwas später sammelte Jungsenior Flo mit seinem Privatauto die versprengten Restbestände der 15-köpfigen Gruppe in Neunforn und Frauenfeld ein. Der Stau liess sie ihr späteres Abfahren bereuen, waren doch die Busse ohne grosse Staus und mit ausgiebigen Halten an der Gotthardraststätte und in Bellinzona trotzdem noch zuerst in Garda. Immerhin: Als die mit Taschen und verzerrten Gesichtern zugekleisterten Scheiben im Bus der 1. Mannschaft beim Überholen gesichtet wurden, erschien das Glas halb voll.

Das schöne Wetter liess die morgendliche Anfahrt dann schnell vergessen. Einen Teller Pasta (als Vorspeise) und eine Portion Fleisch später, fanden sich die aktiven Senioren bereits kurz danach erstmals auf dem Trainingsgelände ein.

Apérol-Spritztour

Die selbsternannte «Kulturgruppe» besann sich auf ihre Stärken: Nämlich als Identifikationsfiguren da den orientierungslosen Garda-Neulingen Rat zu geben, wo er gefragt war, und anderseits die kulturelle Bandbreite der Gastgeberregion auszukosten. Kunst, Kulinarik, Kultur – und Kirche: Zu den ersten Abstechern auf der Apérol-Spritztour gehörte unter anderem eine Stippvisite in einem katholischen Gotteshaus, einige kurze Handy-Momente für die Ewigkeit am See und mehrere Halte in einigen der vielen Cafés. Highlight war aber der Freitagvormittag am Wochenmarkt: Da gab es alles, was das touristische Herz begehrte. Gefälschte Smartphonehüllen und Ladekabel, Schuhe aus China (manche munkelten sogar von einem Epizentrum für chinesische Piratenware in der Region), aber auch regionale Spezialitäten, darunter Käse, Gewürze und Würste zum Abwinken.

Den Titel «Bestgekleideter Senior des Tages» holte diesmal Fritz B. Keiner mochte ihm angesichts seiner in charmantem Svizzero-Italienisch gekauften Baumwolljacke das Wasser reichen. Dass die Verkäuferin ihm dann die Telefonnummer (angeblich für zukünftige Beratungsgespräche zur schadlosen Reinigung des Kleidungsstücks) nicht geben wollte, blieb angesichts der erfolgreichen Transaktion ein Nebengeräusch. Und wenigstens der Kauf war bestimmt nicht impulsgetrieben.

Geräuschlos blieben auch die nächtlichen Abstecher in Bars und Beizen nicht: Da war etwa Sängerin Simona, die im «Jolly» während dem Nachtessen noch dezent musikalische Italianità versprüht hatte – und danach zur Karaokemaschine mutierte. Nach dem Karaoke-Kaltstart, der Schiedsrichterlegende Peppi noch verhalten ins Mikro trällern liess, blieb dann beim zweiten Duett mit Simona (natürlich auf Italienisch) kein Auge trocken. Wohlverdient war dann die vom «Jolly» gespendete Weinflasche für Peppi, der damit den Karaoke-Pokal abräumte. Und schon hier zeichnete sich ab: Im FCS tummeln sich einige ausgewachsene Tanztalente oder solche, die es noch werden können.

Der tanzende Stern

Man muss Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern zu gebären. Dass die Fleisch gewordene Verkörperung von Nietzsches Satz in den Reihen des FCS selber war, hatte niemand geahnt. Am wenigsten die eine oder andere Dame, die wohl eher «tanzend Sterne gesehen» hat wegen des zu fortgeschrittener Stunde ausufernden Stils mancher Tänzer. Doch wer nicht aufs Tor schiesst, kann auch kein Tor machen: Der eine oder andere tänzerische Freigeist tat der Ausgelassenheit in der Pianobar keinen Abbruch, im Gegenteil.

Dichtestress, Alkohol, Männerüberschuss, und vermutlich wallende Frühlingshormone liessen dann noch kurz eine hitzige Situation mit einigen bierseligen Bayern entstehen. Doch es blieb beim Konjunktiv, am Ende gaben sich die (meisten) Involvierten die Hand und wir feierten, sangen und tanzten, tauchten ab in die Freude des Augenblicks. Ob es nun gejohlte Schlager waren oder spontane Tanzeinlagen – solche Momente der Gemeinschaft machen die Reisen auch unvergesslich.

Derweil blieben die (nacht-)aktiven Senioren auch tagsüber nicht inaktiv: Insgesamt viermal trainierten sie auf dem Platz unweit des Hotels Eden, immer alternierend mit der Frauenmannschaft aus Berg TG. Einmal kam es dann zur Freude aller gar zur Fusion der beiden Trainings, als am Freitagnachmittag ein Mixed-Freundschaftsspiel über 2x 30 Minuten ausgemacht wurde. Die verletzten Damen und die FCS-Kulturgruppe sorgten am Spielfeldrand auch für eine rekordverdächtige Zuschauerzahl bei einem Trainingsspiel. Und wieder einmal bestätigte sich eine alte Fussballerweisheit: Die dritte Halbzeit macht in grösserer Runde noch mehr Spass. So feierten die beiden Teams nach dem Spiel in der kleinen Bar, einen Steinwurf von der Bauruine eines verhinderten Stadions, die neue Freundschaft.

Die wahre Magie unserer Reise entfaltete sich so nach den Trainingseinheiten, wenn wir uns jeweils fast nahtlos von der 3. Halbzeit in den charmanten Gassen der Stadt verloren, um die lokale Küche zu geniessen und die italienische Gastfreundschaft zu erleben. Und um den bisweilen als «geselliges Beisammensein» betitelten spätabendlichen Programmteil schnörkellos zusammenzufassen, zitieren wir an dieser Stelle den Blog des SC Berg: «Später traf man sich in der Pianobar wieder und feierte bis tief in die Nacht.»

Frühaufsteher-Wette

Ralf P. entstieg dann am Samstag tatsächlich bereits um 7.15 Uhr irgendwie seinem Bett, nachdem er gewettet hatte, die frühmorgendliche Joggingrunde mit den Damen mitzumachen. Ihren Wetteinsatz brachten die SC-Berg-Frauen dann gleich selber mit zum Trainingsspiel der 1. Mannschaft gegen ein deutsch-griechisches Team: Eine Kiste Bier. Da freuten sich alle mit. Peppi liess es sich nicht nehmen, die faire, aber etwas einseitige Affiche (1:6 aus Sicht des FCS) selber zu pfeifen.

Zu schnell ging dann auch dieses Trainingslager vorüber. Das letzte Mittagessen mit einem Teller Pipo (Pizza-Pommes Frites) sorgte für einiges Stirnrunzeln, doch alles in allem wurde gut gegessen, getrunken, gefeiert, gespielt, gesungen und getanzt. Auf der Heimfahrt war man sich einig: Alle Ziele wurden erreicht und die Bucket List um einige Häkchen reicher – aber gerade der Weg ist das Ziel und die gemeinsam erlebten Momente dorthin. «Super Wetter, niemand verletzt, Spiel und Spass, Kameradschaft, Dolce Vita», resümierte Ralf wie aus der Pistole geschossen. Dem ist nichts beizufügen, ausser vielleicht «super Wette». «Sogar Pizza mit Ketchup und mit Pommes Frites gegessen», ergänzte Chale auf der Heimfahrt. Während einige auch noch Gesang, Tanz, Shopping und sogar einen kurzen kathartischen Schwumm im kühlen Pool anfügen mögen, so war man sich im Bus über das sportliche Highlight einig: Das Spiel mit der Damenmannschaft und ihren beiden Trainern.

Dank an dieser Stelle nochmals an Urs für die Organisation, die tolle Location, die italienische Gastfreundschaft und natürlich an die Fahrer, die sich zügig durch die Berge schlängelten und uns ans rettende Sonnenufer und zurück brachten.

P.S. Und wer wissen will, was wirklich geschah, der darf gerne einen der vielen Augenzeugen kontaktieren.