FC Stammheim

Pfingstturnier 2011 - Stammheim-Calw

Camp für heitere Fussballstunden

Es war wieder einmal so weit. Zwei Jahre nach dem letzten Stammheim-Treffen machten sich die furchtlosen Stammer aus aller Herren Länder (genau gesagt: aus zwei) auf, um ihre Energie dem Kräftemessen auf und neben dem Fussballplatz zu opfern und die heimische Fahne hoch zu halten. Auch Stammheim Schweiz war wieder vertreten und sollte zumindest in seinem Kerngeschäft, dem zügigen Durstlöschen, nicht enttäuschen.

Der Tross mit rund 25 Mann (und einer Frau), davon rund 17 Spielern, hatte sich am Samstagmorgen eingefunden, um punkt 9 Uhr Richtung Stammheim Calw loszufahren. MC Gasser schaffte es dann, als Letzter aufzutauchen und Adi damit bereits die erste schwierige Entscheidung abzunehmen: Schnell war der erste Bierstiefel-Spender gefunden. Auch dort kam er dann zu spät, weil der Stiefel kaum warten konnte, gefüllt zu werden und Gasser wohl wieder mal auf dem… na was wohl.

Die Busfahrt stand ganz im Zeichen von Alleinunterhalter Michi Frei. Die Durchsagen zum nächsten Toiletten- und Zigi-Stopp erfolgten korrekterweise nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Franglisch, und auch die Schweizer Fahnen waren schnell einmal notdürftig montiert. Das Mikrofon legte allerdings auch bei Adi alias "Edi" ungeahnte Talente frei: Er entpuppte sich nicht nur als erfahrener Organisator. Im Car offenbarte auch er das Potenzial zum Animator, wie es wohl auf Pauschalreisen nach Mallorca keine besseren gibt.

Immer tiefer drangen wir mit dem Bus, gesteuert von Dani, in den dichten Schwarzwald ein. Um 12 Uhr erreichten wir dann hungrig den Landgasthof "Löwen" rund 15 Kilometer von der Sportanlage Stammheim Calw. Nachdem wir uns in unseren grosszügigen Wohnungen (ja!) bequem gemacht hatten, machten wir erste Bekanntschaft mit dem Sportplatz. Und mit dem Essen: Drei Tage Currywurst, Pommes, "Steakweckle" und Hofbräu erwarteten uns am Rasen. Im Festzelt würde die Auswahl dann noch durch Spätzle (leider fehlte das Salz), Schnitzel, Kartoffelsalat und natürlich viel mehr (manchmal weniger) bekömmlichem Gerstensaft ergänzt.

Auf dem Weg zum Sportplatz hatte uns die Fangemeinde aus Stammheim Ingolstadt in obligaten Lederhosen bereits lautstark begrüsst. Der Einzug ins "Stadion" der Stammer blieb dann eher unbemerkt, doch einige kannten Adi und einige altgediente Stammer FC-Vertreter. Vorsichtiges Beschnuppern war erstmal angesagt. Schnell brachen dann die weiblichen Fans von Schweinfurt aber auf dem Platz das Eis, als ein Girl aufmerksam feststellte, dass wir alle "Patrick" hiessen und wohl in der Namensgebung etwas einfallslos seien. Denen würden wir noch zeigen, wer hier der "Patrick" war!

Deutscher Fussball - man kennt ihn: Schnell wie Windhunde, hart wie Kruppstahl, zäh wie Schweineleder sind die Jungs, und das ist durchaus nicht abschätzig gemeint. Die schnörkellose, athletische Spielweise beeindruckte uns dann auch ziemlich als Zuschauer des ersten Spiels. So sorglos, wie unser leichtfertiger Bierkonsum dies hätte garantieren sollen, waren dann nicht mehr alle.

Doch das erste Spiel begann mit einem grossen Chancenplus für Stammheim Schweiz. Aufatmen war erstmal angesagt, und abermals neu Anlauf holen. Drei-, viermal kamen wir zum Abschluss, und die Frage, ob es Schicksal oder eine alte Stammer Krankheit sein sollte, dass wir lange den Ball nicht über die Linie kriegten, sollte noch lange zu reden geben. Jedenfalls war es die zweite Mannschaft von Stammheim Calw, die das erste Tor gleich anfangs der zweiten Hälfte schiessen sollte. Doch Trainer Ralf Peter hatte ein Händchen für Einwechslungen. Er brachte Robinho aufs Feld, der sich geschworen hatte, während der drei Tage als einziges Gemüse Bier - genau genommen: flüssiges Brot - zu konsumieren. Robinho nahm, bevor er zu seinem Stehplatz auf dem Feld trottete, nochmals einen kräftigen Schluck Gerstensaft. " Sport ist Mord - nur Sprit hält fit", so oder ähnlich seine momentane philosophische Grundhaltung, die durchaus Früchte tragen sollte. Dem bleibt nicht viel beizufügen: Mit eher eingeschränktem Radius stand Robinho zur richtigen Zeit am richtigen Ort, ein Ball fiel ihm vor die Füsse… und er versenkte ihn in die nahe Ecke. Tor! Tor! Tor! "Ein reiner frischer Gerstensaft, gibt Herzensmut und Muskelkraft!" jubelte er händeringend. Und für den Fall, dass jemand zweifelte: "Ich bin nie besoffen, ich kippe immer schon vorher um!" Er riss mit einer Selbstverständlichkeit die Arme kurz hoch und trottet zurück, als wäre das Tor Bestimmung und er des Fussballgottes Werkzeug gewesen.
So schön wie es war, es sollte noch besser kommen: Rund 4 Minuten vor Schluss schloss auch Zimmergenosse Gasser, dem die Hitze langsam zusetzte (kein Wunder bei dem Haarwuchs), eine Koproduktion mit März ab, der ihm den Ball nach schönem Lauf um die gegnerische Verteidigung, quer zuspielte. Tor! Tor! Tor! Der Stammer Sieg schien nun Tatsache.
Doch wieder gefehlt. Calw machte zwar keinen Druck mehr, die Stammer liessen souverän den Ball in den eigenen Reihen zirkulieren, bis ein etwas zu optimistischer Pass zu Stöff diesen zu einem unbedrängten Befreiungsschlag verleitete - leider direkt in die Beine des Gegners. So endete das Spiel 2:2 Unentschieden. Fazit: Die Chancenauswertung auf Stammer Seite war wieder einmal schlecht, der Spielfluss allerdings sehenswert. Ein Sieg wäre verdient gewesen.

In der riesigen Turnhalle am Abend hinterliessen die Schweiz-Stammer dann ihre Spuren: Vor allem Küde handelte sich den Ruf ein, ein stolzer Schweizer "mit Fahne" zu sein. Sein Aufmarsch auf der Bühne mit der aus einer "Stammheim Schweiz" Flagge selbst gebastelten Maske am Kopf sorgte auch bei der Band um Verwirrung: Doch sie hakten seinen Auftritt unter "Groupie" ab und spielten weiter. Trotz ausgiebigem Alkoholkonsum kam auch das Sportliche nicht zu kurz, und über das Spiel wurde bis in die Morgenstunden fachmännisch diskutiert. Das heisst, in den Reihen der Stammer - es soll einen oder zwei gegeben haben, die es nicht rechtzeitig auf den Bus ins Hotel um 1 Uhr geschafft haben. Die Partynacht wurde kurzerhand in einem anderen Stammheim-Fanlager zu Ende gebracht.

Am zweiten Tag zollte der eine oder andere Kopf der nächtlichen Disko- und Bar-Orgie Tribut. Zum Glück hatte der Medizinmann vom SC Stuttgart Stammheim Aspirin dabei, er rettete zumindest Gasser einige unerträgliche Stunden.
Das erste Spiel gegen Stammheim Köln sah anfänglich - auch dank einiger ungenutzter Chancen - wieder nicht schlecht aus für Stammheim. Doch früh fiel das Führungstor für die Gegner. Und als die folgenden Tore der zwar athletischen, aber technisch nicht auf sehr hohem Niveau spielenden Kölner im Fünfminutentakt fielen, war es um die Stammer geschehen: Mit 6:0 ging das Spiel verloren, sang- und klanglos.
Als Randnotiz: Bei solchen einseitigen Spielen, wenn nur auf ein Tor gespielt wird, machten es sich die Fans von Stammheim Florstadt zum Spass bequem im Tor des arbeitslosen Goalies, sozusagen als Maskottchen. Doch als sie ihre aufblasbare Palme dann auch noch auf der Torlinie pflanzten, wurde es dem Stadionspeaker irgendwann zuviel: "Bitte entfernen Sie die Palme vom Feld. Wir sind hier im Schwarzwald - hier wachsen Rottannen!" Allgemein darf man die Fankurven als sehr unterhaltsam bezeichnen. Wir von der einköpfigen Fanbewertungs-Jury vergeben fünf von sechs Punkten.

Zurück zum Spiel. Es war eine martervolle Peinigung gewesen, was uns da widerfahren war. Nun war Schadensbegrenzung angesagt, und die Rechnerei ging los: Wenn auch das dritte Spiel verloren gehen würde, dann müsste Stammheim Calw wohl gegen Köln und Schweinfurt (die Favoriten) ebenfalls SEHR hoch verlieren, damit Stammheim Schweiz überhaupt eine Chance haben würde. Doch wer dachte schon ans Verlieren? Auch das dritte Spiel begann zunächst mit zwei hervorragenden Chancen für Stammheim Schweiz, namentlich Rolinho, der sich das noch bis am Montag im Bus anhören musste… Die ersten Gegentreffer fielen dann aber Schlag auf Schlag. 3:0 hiess es zur Pause. Wir würden uns nicht mehr qualifizieren, soviel stand schon fast fest. Immerhin, das Ehrentor - eines der schönsten des Turniers - gelang dann Flo doch noch, als er den halbhohen Ball von der Strafraumgrenze in die weite Ecke drosch. Tor! Tor! Tor! Doch am Ende mussten wir uns mit 5:1 geschlagen geben. Alle, Turbohagen, Manu "Lightning" Bolt, Steve Mc Sweet, Mairzinho, Assi-Freeze (Robinho), Djokovic, Stöf, Mike Jack Lee, Flo, Chipperfield, Dean 10-der, Didier Drogba und wie sie alle heissen, haben nicht aufgegeben. Die Mannschaftsleistung im letzten Spiel jedenfalls stimmte, auch wenn die Ausbeute schlecht war und der Interims-Torhüter Greeny ein paar Mal zu häufig hinter sich greifen musste.

Nur noch auf dem Papier konnten wir uns qualifizieren für das Spiel um Platz 5 am Montagmorgen um 9 Uhr. Der früh angesetzte Anpfiff liess dann einige Stammer eher hoffen, dass wir es NICHT mehr schaffen würden. Doch als Köln Tor um Tor gegen Calw schoss und am Ende 7:1 führte, hätte nicht mehr viel gefehlt. Calw schaffte letztlich dennoch dank dem besseren Torverhältnis Einzug ins Spiel um Platz 5.

So waren die "Quotenausländer" aus der Schweiz tatsächlich Punktelieferanten geblieben, wie es alle erwartet hatten. Dass wir nicht flügellahmes Kanonenfutter waren, verheimlichte die Tabelle leider etwas. Das sportliche Fazit: Zu schade, dass das erste Spiel nicht gewonnen wurde. Verdient gewesen hätten wir, nicht Gruppenletzter zu werden. Die bittere Pille musste nun eben geschluckt werden, vorzugsweise mit Gerstensaft.
Das sonstige Fazit: Quotenausländer von wegen. Gehörig wurde in der Partyszene mitgemischt. Und es wird kolportiert, dass sich die einen oder anderen Stammer als Spione in gegnerische Mannschaften eingeschleust haben und dort kräftig weiter feierten, um überrascht in einem fremden Hotelzimmer aufzuwachen. Rein spieltaktisch hat es zwar nicht viel gebracht. Einziges Souvenir blieben einige rote Flecken am Hals. Auch in der Disco setzten wir neue Standards. Und Trends: Robinho, Manolo und Mike beispielsweise eröffneten ihre Jagdsaison auf eigene Art, indem sie den neuen Oben-Ohne-Stil zur Schau trugen. "Mindestanforderung ist eine gewisse Wampe", meinte Robinho später im Interview selbstsicher.

Die Abschiedsrede von Matthias bei der Preisverleihung in der Turnhalle war so etwas wie die Feuertaufe für einen Captain - nach einer durchzechten Nacht noch etwas wacklig auf den Beinen, schaffte er es, auf der Bühne im Rampenlicht komplette Sätze mit Abschieds- und Dankesworten abzusondern, dass die Teamkollegen ins Staunen kamen. An dieser Stelle Respekt fürs Gewinnerteam aus Stammheim Stuttgart, das zwar nicht ganz so souverän wie nachts an der Bar prognostiziert gewann, aber eben doch wieder als verdienter Sieger vom Platz ging.

Die Mannschaft bedankte sich dann auf ihre Weise beim Busfahrer Daniel, der immer freundlich war und engagiert mitfieberte. Hut ab, dass er es schaffte (nicht ohne einige Zwangsmassnahmen und freundlichen Erklärungen der Bussenpolitik) stets seinen Bus und sein WC sauber zu halten.
Ahoi und bis zum nächsten Mal - die Vorfreude auf Stammheim Schweiz war auch in den Gesichtern der deutschen Stammheims zu lesen. Nebst der zentnerschweren Beine waren auch viele müde, aber zufriedene und etwas melanchoholisierte Spieler zu sehen. Traurig darüber, dass der ganze Spuk schon wieder vorbei war. Und ja, auch einige Abschiedstränen wurden geweint. Fussball ist manchmal ein harter Sport, der körperlich wie seelisch ans Limit geht.

Tabelle:
1. SC Stammheim / Stuttgart
2. SV Stammheim / Schweinfurt
3. TuS Stammheim / Köln
4. SV Stammham / Ingolstadt
5. VfL Stammheim / Calw 1
6. VfL Stammheim / Calw 2
7. SG Stammheim / Florstadt
8. FC Stammheim / Schweiz